Gruppenhaltung
Wer Meerschweinchen in größeren Gruppen bereits beobachten durfte, wird sehr schnell erfahren haben, dass diese Tiere ausgesprochen sozial und daher reine Gruppentiere sind. Oftmals muss die Lebensweise der Tiere in der Natur von der in Heimtierhaltung konsequent unterschieden werden.
Viele neue Heimtierhalter schauen nur oberflächlich hin, denken, eine Tierart lebt auf immer und ewig im Familienverband und alles ist gut. Bei vielen Tierarten ist dies nicht richtig - beim Meerschweinchen schon. Meerschweinchen fühlen sich in der Gruppe sicher, sie erleben den gesamten Tagesablauf mit ihren Artgenossen: Sie fressen zusammen, sie spielen zusammen, sie kommunizieren miteinander, sie gehen gemeinsam auf Entdeckungsreise.
Daher bitten wir alle Meerscheinchenbesitzer: Halten Sie Meerschweinchen nur in Gruppen!
Meerschweinchen sollten nur in reinen Artengruppen gehalten werden. Wir bitten von Experimenten durch die Bildung von „Notgemeinschaften“ zu Lasten der Tiere abzusehen. Auch der Mensch wird viel mehr Freude an einer reinen Artengruppe haben, da sich das artspezifische Verhalten der Tiere so wesentlich besser beobachten lässt!
Grundsätzlich ist zur Anzahl der Tiere innerhalb einer Gruppe anzumerken, dass Meerschweinchen in unbegrenzter Anzahl zusammenleben können, sofern die Gruppenzusammensetzung harmonisch ist und der zur Verfügung stehende Platz stimmt. Je größer die Gruppe, umso mehr Platz ist nötig. Bitte auch unsere Informationen zur Gruppenkonstellation (im folgenden Absatz), der Unterbringung und der Gehegegröße beachten!
Welche Gruppenkonstellation ist geeignet?
Gemischtgeschlechtliche Gruppen
In gemischtgeschlechtlichen Gruppen besteht das Problem des regelmäßigen Nachwuchses, es sei denn, es handelt sich um beispielsweise mehrere Weibchen mit einem kastrierten Bock. Diese Konstellation entspricht, bis auf die Kastration, dem natürlichen Lebensstil der Tiere und führt zu einem normalen Sozialverhalten.
Eine ideale Meerschweinchengruppe besteht aus einem kastrierten Bock und drei bis fünf Weibchen. Voraussetzung für eine solche Gruppengröße ist, dass die Tiere in Bezug auf ihren Charakter zusammen passen.
Gemischte Gruppen mit mehreren Böcken
Manchmal wird empfohlen, auf eine bestimmte Anzahl Weibchen in einer bestehenden gemischten Gruppe einen weiteren Kastraten zu vergesellschaften. Das kann gut gehen, geht aber oft auch schief, da sich für einen Bock der Versuch, den lästigen Konkurrenten zu vertreiben, immer lohnt. Wird ein solches Experiment gewagt ist es notwendig, sehr kritisch zu beobachten und den Gesundheitszustand und das Gewicht aller Tiere sehr engmaschig zu überprüfen. Dabei ist es notwendig, objektiv zu bleiben und das Verhalten nicht zu vermenschlichen. Bei deutlichen Anzeichen von Stress oder gar Bisswunden im Rückenbereich muss eine Trennung vorgenommen werden.
Auch Frühkastraten sind keine Garantie für die Harmonie in Gruppen mit mehreren Böcken.
Gruppen ab 20 Meerschweinchen oder mit mehreren Böcken neigen zur Grüppchenbildung innerhalb der Meerschweinchengruppe, was wiederum zu Schwierigkeiten führen könnte.
Bei Gruppen mit mehr als sechs Kastraten wird über eine Verschiebung des Verhaltens berichtet. Den Böcken scheint bewusst zu sein, dass sie wenige Konkurrenten mit einer gehörigen Portion Glück vertreiben können, gegen so viel Konkurrenz aber dauerhaft keine Chance haben. Sie arrangieren sich mit dieser Haltung, versuchen oft ein paar eigene Weibchen zu ergattern, suchen sonst aber keinen Streit. Dafür müssen aber alle Böcke möglichst gleichzeitig geholt werden und es sollten besser doppelt so viele Weibchen vorhanden sein. Es ist nicht einfach, später weitere Tiere dazu zu gesellen, jedes neue Weibchen bietet einen Anlass für Streit. Diese Haltungsform sollte nur von sehr erfahrenen Haltern mit entsprechenden Möglichkeiten was Platz, Trennungen von Untergrüppchen und Tierarztkosten angeht gewagt werden.
Reine Weibchengruppen
Weibchen können sich prima verstehen, können aber auch innerhalb der Gruppe zickig werden. Ein kastrierter Bock bringt oft Ruhe in eine unruhige Weibchengruppe.
Die meisten Verhaltensstörungen treten in reinen Weibchengruppen auf. Auch Eierstockzysten sind bei Haltung ohne sexuell aktiven Kastraten besonders häufig.
Reine Bockgruppen
Bei der Bockgruppenhaltung muss einiges beachtet werden, da sie nicht der natürlichen Lebensweise entspricht. Auch sind nicht alle Tiere gleichermaßen gut sozialisiert. Eine reine Böckchengruppe erfordert somit viel Erfahrung und sollte nur im Notfall einer anderen Konstellation vorgezogen werden. Je größer eine Böckchengruppe ist, umso mehr Streitpotential bietet sie. Eine Zweiergruppe funktioniert in der reinen Bockgruppenhaltung am ehesten, allerdings werden Meerschweinchen in Zweiergruppen oft träge. Drei Böcke sind die instabilste mögliche Haltungsform und sind nur im Ausnahmefall dauerhaft harmonisch. Bei der reinen Bockgruppenhaltung müssen dringend einige Regeln beachtet werden, die wir gerne auf einer separaten Informationsseite erläutern.
Bei allen Gruppen ist es wichtig, dass die Tiere eine ausreichende Sozialisierung genießen durften. Das Sozialverhalten wird von den Eltern oder anderen erwachsenen Meerschweinchen innerhalb der Gruppe erlernt. Junge Meerschweinchen sollten daher nicht vor der zehnten Lebenswoche von den erwachsenen Tieren getrennt werden. Eine gute Sozialisierung ist die entscheidende Grundlage für das gesamte weitere Sozialverhalten des Tieres und entscheidet somit neben einer guten Gesundheit über dessen Lebensqualität!
Ist es egal, für welches Geschlecht sich entschieden wird?
Wie bereits erwähnt sind größere Gruppen, die aus einem kastrierten Bock und mehreren Weibchen bestehen, am sinnvollsten in der Meerschweinchenhaltung.
Reine Bockgruppen erfordern besonders gute Meerschweinchenkenntnisse des Halters. Gruppen von mehr als zwei Tieren benötigen aufgrund eines gesteigerten Streitpotentials rund um die Rangordnung wesentlich mehr Platz.
Reine Weibchengruppen können funktionieren, sind allerdings oft unruhig. Hier schafft eine Vergesellschaftung zu einem kastrierten Böckchen Abhilfe.
Ob Böckchen oder Weibchen, Meerschweinchen haben keinen geschlechtsspezifischen Geruch, auch ihr Sozialverhalten ist nicht geschlechtsabhängig.
Gemischtgeschlechtliche und nicht kastrierte Haltung birgt ein gewisses Nachwuchsproblem: Bei einer durchschnittlichen Wurfgröße enstehen nach einem Jahr aus nur zwei Elterntieren über 150 Meerschweinchen! Auch ist nicht jedes Tier zur Zucht geeignet. Des weiteren ist eine erste Trächtigkeit für Weibchen über einem Jahr zu vermeiden, da in diesem Alter das Becken verknöchert und dies unter einer Geburt tödlich enden kann. Aus diesem Grund sollte ein Meerschweinchenweibchen über einem Jahr nicht mehr werfen müssen.
Gemischtgeschlechtliche Haltung unkastrierter Tiere ist somit für den Heimtierhalter nicht ratsam.
Sind zwei Meerschweinchen auch eine Gruppe?
Zwei Meerschweinchen sind grundsätzlich besser als ein Meerschweinchen. Meerschweinchen brauchen Artgenossen, um sich wohl zu fühlen. Je mehr Meerschweinchen in geeigneter Konstellation zusammenleben, desto höher ist das Wohlbefinden, da eine große Gruppe der natürlichen Lebensweise am nächsten ist. Voraussetzung hierfür ist selbstverständlich ein ausreichend großes Gehege.
Kann ein Meerschweinchen auch mit einem Kaninchen zusammen leben?
Ja, es kann, allerdings ist eine solche Haltung überhaupt nicht zu empfehlen – im Gegenteil. Kaninchen und Meerschweinchen werden sich vermutlich dulden, aber...
- ...das Kaninchen wird das Meerschweinchen bedrängen, besteigen und somit unter erheblichen Stress stellen
- ...die beiden Tierarten sprechen eine andere Sprache: Kaninchen könnten sich somit niemals mit Meerschweinchen „unterhalten“, andersherum ebenso wenig, wodurch Missverständnisse entstehen werden
- ...beide haben völlig andere Verhaltensmuster und werden immer wieder Verhalten des anderen Tieres fehldeuten, was wiederum zu Stress und Angst führt
- ...Kaninchenweibchen können durch die bloße Anwesenheit von Meerschweinchen scheinträchtig werden
- ...Meerschweinchen betreiben kaum soziale Fellpflege und kuscheln nicht, nutzen aber gerne den Service durch die Kaninchen, die diese "Unhöflichkeit" oft nicht tolerieren
- ...Erheblicher Größenunterschied birgt das Risiko von Unfällen, wenn die Kaninchen Haken schlagen
- ...Kaninchen und Meerschweinchen benötigen einen teilweise abweichenden Speiseplan: Nicht immer ist das Gemüse, das das Meerschweinchen verträgt und gerne frisst, auch für das Kaninchen geeignet
- ...sie haben unterschiedliche Aktivitätsphasen. Kaninchen sind meist dämmerungs- und nachtaktiv, während das Meerschweinchen dann schon schläft