Kastration
Die Kastration von Meerschweinchenböcken ist sinnvoll, wenn sie mit Weibchen gehalten werden. Doch auch in reinen Bockgruppen können Frühkastrationen für eine harmonische Gruppe sorgen, während Kastrationen bereits geschlechtsreifer Böcke innerhalb einer reinen Bockgruppe zur Wiederherstellung des Gruppenfriedens eher aussichtlos sind. Dieser Artikel enthält alle wichtigen Informationen rund um Kastrationen.
Bei Meerschweinchen ist die Kastration von Böcken oft nicht vermeidbar. Um in einer Gruppe mit Weibchen zusammen zu leben ist die Kastration zur Vermeidung einer ständigen Vermehrung nötig, aber auch in Bockgruppen kann eine Kastration absolut ratsam sein.
Es werden Frühkastration und normale Kastration bereits geschlechtsreifer Böcke unterschieden.
Frühkastration
Nachdem Meerschweinchenböcke schon ab einem Gewicht von 250g fruchtbar sein können, können junge Böckchen schon vor diesem Gewicht kastriert werden. Das hat den großen Vorteil, dass sie bei Mutter und Schwestern bleiben können und somit keine Trennung notwendig wird. Besonders bei unerwartetem Nachwuchs ist dies empfehlenswert, wenn keine Möglichkeiten vorhanden sind, den Jungböcken bei eintretender Geschlechtsreife zu einem oder mehreren erwachsenen Böcken zu vergesellschaften. Nicht empfehlenswert ist eine Vergesellschaftung zu einer funktionierenden Zweier-Bockgruppe, diese würden um die Jungböcke konkurrieren und sich dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit dauerhaft zerstreiten. In größeren Bockgruppen oder mit einem einzelnen Bock, etwa dem Kastraten einer Weibchengruppe, klappt es erfahrungsgemäß besser.
Die Entwicklung bereits früh kastrierter Böcke kann nicht immer vorhergesagt werden. Manche werden trotz einer Kastration zu Machos, andere sind zurückhaltender und kommen gut in Gruppen mit weiteren Böcken zurecht.
Wichtig ist gerade bei Frühkastrationen, dass der Patient kerngesund ist. In diesem Alter ist Parasitenbefall sehr häufig und erhöht das Narkoserisiko unnötig. Manchmal ist es auch etwas schwierig, einen Tierarzt für die Durchführung einer Frühkastration zu finden. Dadurch dass die Hoden noch nicht abgestiegen sind, muss der Tierarzt einen speziellen Griff anwenden, den leider nicht jeder Tierarzt beherrscht, technisch ist es sonst aber kein Problem. Eventuelle Bedenken wegen Missbildungen haben sich nicht bestätigt, in der Schweiz ist die Frühkastration schon seit Jahren ein komplikationsloses Standardverfahren.
Kastration bereits geschlechtsreifer Meerschweinchenböcke
Die normale Kastration findet ab einem Gewicht von 300 g statt, viele Tierärzte kastrieren auch erst später, was eigentlich nicht notwendig ist, denn das Narkoserisiko gesunder Meerschweinchen ist nicht vom Alter abhängig bzw. wird von jüngeren Tieren meist besser verkraftet. Oft liegt der Grund für die Ablehnung einer Frühkstration in schlecht zu erkennenden Hoden und dadurch erheblich erschwerter Arbeit und zusätzlichem Aufwand für den Tierarzt.
Nach einer normalen Kastration muss der Bock mindestens sechs Wochen von allen Weibchen getrennt bleiben, bis er sicher nicht mehr fruchtbar ist. Die Gesellschaft anderer Böcke hingegen ist zur Vermeidung von Vereinsamung für einen Kastraten wichtig.
Wahl der Narkose, Durchführung und Kosten einer Kastration
Wichtig ist zuerst die Wahl der Narkosemethode. Diese sollte bei einem Vorgespräch unbedingt angesprochen werden. Viele Tierärzte verwenden als Standard die Injektionsnarkose trotz des höheren Risikos, teilweise sogar bei Operationen am späten Nachmittag. Für den Ablauf in der Tierarztpraxis ist diese Methode praktischer, weil die Patientenbesitzer während der einige Stunden andauernden Nachschlafphase heim geschickt werden können und nicht nervös im Wartezimmer sitzen. Das rechtfertigt aber kein erhöhtes Risiko.
Inhalationsnarkose ist die schonendste Methode, die sich auch für ältere, angeschlagene oder Jungböcke am besten eignet. Das Meerschweinchen ist danach sofort wieder wach.
Injektionsnarkose mit anschließendem Aufwecken ist auch schonend, insbesondere weil sie direkt aufgeweckt werden und gleich wieder fressen können.
Am häufigsten wird wohl eine normale Injektionsnarkose verwendet, bei der die Meerschweinchen noch mehrere Stunden danach schlafen. Der Vorteil ist, dass sie dabei die schmerzhafteste Phase einfach verschlafen. Die Belastung für den Kreislauf und die Leber hingegen ist deutlich erhöht. Eine solche Narkose sollte nur bei wirklich fitten Böcken zwischen fünf Monaten und drei Jahren gemacht werden, die zudem ein gutes Gewicht haben, ohne zu dick zu sein. Eine vorherige gründliche Untersuchung, die dem Ausschluß eventueller Herzfehler oder Vorerkrankungen dient, ist dringend nötig und wird von jedem Tierarzt durchgeführt. Injektionsnarkosen sollten unbedingt früh morgens gemacht werden, nachmittags und abends ist der Kreislauf nicht mehr stabil genug.
Solange der Bock noch nicht ganz wach ist, sollte er auf gar keinen Fall transportiert werden. Will ein Tierarzt einem ein schlafendes Tier mitgeben, muss die Übergabe unbedingt verweigert werden. Meerschweinchen können ihre Körpertemperatur unter einer Narkose nicht regulieren und brauchen exakt 38,5 Grad. Das kann der normale Halter nicht gewährleisten, sie würden immer zu warm oder zu kalt gelagert werden. Noch dazu sollten sie alle paar Minuten gedreht werden, damit die Lunge gleichmäßig belüftet wird.
Der Eingriff selbst ist zwei winzige Schnitte in den Hodensack. Danach werden die Hoden entnommen. Das Operationsgebiet wird sorgfältig vernäht. Die Operation dauert nur wenige Minuten, was wiederum gegen eine Injektionsnarkose spricht, die viel länger wirkt als notwendig und sinnvoll.
Die Kosten einer Kastration
Nach GOT kostet eine Kastration 35 Euro, der dreifache Satz ist erlaubt. Oft lohnt es sich, mehrere Tierärzte nach ihren Preisen und Narkosemethoden zu Fragen, bei Inhalationsnarkose kostet es oft ein wenig mehr, aber das geringe Risiko ist den Preis wert.
Nach der Kastration
Sobald ein Meerschweinchen richtig wach und aktiv ist, kann es abgeholt werden, bitte niemals noch schlafende Tiere transportieren! Ist der Patient nach mehreren Stunden nicht wieder wach sollte er geweckt werden. Futter darf sofort wieder gegeben werden.
Meerschweinchen sollten direkt nach Operationen auf sauberen Tüchern statt auf Streu gehalten werden, damit keine Einstreukrümel in die Wunde gelangen. Es empfiehlt sich gerade bei Böcken, alle Gruppenmitglieder an einem Tag kastrieren zu lassen, damit alle die gleichen Vorraussetzungen haben. Dies bedeutet deutlich weniger Stress und keinen Grund, Streit anzufangen, insbesondere wenn der Chef der Gruppe noch müde ist kommen sonst unterlegene Böcke auf die Idee, seinen Rang streitig zu machen.
Sieben bis zehn Tage nach der Kastration werden wenn nötig die Fäden gezogen. Der Halter muss die Wunde täglich kontrollieren und insbesondere auf Rötungen, Schwellungen, Beulen oder nässende Stellen achten. Im Zweifelsfall sollte der Tierarzt die Operationswunde begutachten. Auch noch mehrere Wochen nach der Kastration können sich Abszesse bilden. Daher sollte die Wundregion zwei Mal wöchentlich über einen Zeitraum von mindestens sechs Wochen nach der Operation kontrolliert und das Meerschweinchen gewogen werden.
Komplikationen
Entzündungen sind eher selten, können aber vorkommen. Gerade etwas ältere Böckchen haben an ihren Hoden Fettkörper, die sauber entfernt werden müssen, andere vertragen selbstauflösende Fäden nicht und entwickeln Abszesse. Auf diese Fäden kann verzichtet werden, mit Gewebekleber und sogar ganz offenen Kastrationswunden wurden schon sehr gute Erfahrungen gemacht. Auch das sollte vor der Operation angesprochen werden. Bei Böcken unter einem Jahr sind Entzündungen deutlich seltener. Die Narkose wird meist gut vertragen, jeder Tierarzt wird seine Narkosearten vorstellen. Bei Bedenken sollte unbedingt eine Inhalationsnarkose gewählt werden.
Ist das frisch kastrierte Meerschweinchen in irgendeiner Weise auffällig, sei es im Verhalten, dem Fressverhalten, verringert sich das Gewicht erheblich, zeigt das Tier deutliche Zeichen von Schmerz oder ist das Aussehen des Operationsgebiets unnatürlich, sollte immer ein Tierarzt hinzugezogen werden.
Kastration weiblicher Meerschweinchen
Weibliche Meerschweinchen sollten nur dann kastriert werden, wenn es zwingend notwendig ist: Etwa nach einem Kaiserschnitt oder wenn andere Behandlungsmöglichkeiten von Eierstockzysten bereits ausgeschöpft sind. Die Kastration von Weibchen ist eine sehr große und sehr riskante Operation, bei der der Bauchraum geöffnet werden muss. Oft kommt es danach noch zu größeren Blutungen und Futterverweigerung durch die starken Schmerzen.