Zucht

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Bild: rennmaus.de 

Junge Meerschweinchen sind spannend, dennoch erfordert eine verantwortungsvolle Zucht von Meerschweinchen das Einhalten einiger Regeln, damit es keine wahllose Vermehrung wird, die sowohl für das Weibchen als auch deren Jungtiere tragisch enden kann.

Junge Meerschweinchen sind süß. Hier sind sich alle einig, dennoch sollte von einem wahllosen Vermehren dieser Tiere dringend Abstand genommen werden.

Eine Zucht muss grundsätzlich gut geplant und darf nur mit geeigneten Tieren durchgeführt werden. Nicht selten endet ein Vermehrungsversuch, um „einmal Meerschweinchenjungtiere zu haben“ mit dem Tod der Mutter, mit missgebildeten oder kranken Jungtieren.

Unerfahrene Halter oder auch Kinder, die Böckchen und Weibchen zusammensetzen, sollten wissen, dass sie nur für recht kurze Zeit „spannend“ sind, falls alles gut verläuft und keine Todesfälle eintreten. Aus kleinen putzigen Meerschweinchen werden schnell große, kräftige und vor allem hungrige, erwachsene Tiere, die ebenso wie alle anderen ihren Platz brauchen, die Futter benötigen, die eventuell gar nicht innerhalb der Gruppe bzw. bei der Mutter bleiben können, da das Geschlecht nicht passt und für weiteren Nachwuchs sorgen würde. 

Bevor ein solcher Schritt gewagt wird, sollte bereits feststehen, wer die jungen Meerschweinchen übernimmt, falls sie gesund sind. Ist ein Abnehmer vorhanden, müssen dennoch Regeln zur Vermehrung von Meerschweinchen beachtet werden. Von Abgaben in Zoohandlungen raten wir dringend ab, da nicht verkäufliche Jungtiere als Futter für Reptilien enden. Auch wenn sie dort verkauft werden, ist es ungewiss, in welche Haltung die Tiere übergeben werden.

Nachfolgend einige Regeln, die es zu beachten gilt, wenn die Vermehrung von Meerschweinchen trotz aller Gefahren gewagt wird.

Die Weibchen sollten bei ihrer ersten Trächtigkeit älter als sechs und jünger als neun Monate sein. 
Sind sie zu jung, verhindert der frühe Wurf das spätere Wachstum der Jungtiere und verringert deren Lebenserwartung. Es ist ebenfalls durchaus möglich, dass sie die Geburt und Aufzucht aufgrund ihrer geringen Erfahrung nicht schaffen. 

Sind sie zu alt, verknöchert der Beckenknochen. Der Beckenboden besteht aus  zwei Schalen, die mit Bändern und Knorpeln verbunden sind. Bei sehr jungen Tieren sind sie beweglich und  weiten sich unter der Geburt, damit der Kopf des Jungtieres durchpasst. Nachdem Meerschweinchen oft sehr große Jungtiere bekommen, muss das Becken sehr elastisch sein (Gewicht des trächtigen Weibchens durchschnittlich 800 g, Gewicht eines Babys 70-120 g. Verglichen mit 70 Kilo Menschenmama und 3 Kilo Menschenbaby ist das wirklich riesig). Es verknöchert früh, was dazu führt, dass es sich dann nicht mehr dehnen kann. Als Folge tritt eine Verzögerung der Geburt oder ein kompletter Geburtsstillstand ein und das Jungtier steckt fest. Das Einzige, das Jungtier und Mutter jetzt noch retten kann ist ein sehr riskanter Kaiserschnitt, dessen Kosten sich auf  200-300 Euro belaufen.

Bild: rennmaus.de

Trächtiges Weibchen

Es sollte ein Weibchen dabei sein, das schon selbst Jungtiere hatte.
Geburten bei Meerschweinchen sind aufgrund des hohen Gewichts der Jungtiere schwer. Es werden meist mehrere Jungtiere geboren, was für die Mutter doppelten Stress bedeutet: Sie  muss die ersten Jungtiere von der Eihaut befreien, der Fruchtblase, die auf Gesicht, Nase und Maul der Jungtiere klebt und das Atmen verhindert. Sie leckt ihre Jungen trocken, um den Kreislauf anzuregen, steckt aber gleichzeitig in den Presswehen für die Geburt der noch folgenden Jungtiere. Viele unerfahrene Weibchen sind mit dem Geburtsablauf überfordert.. 

Ein weiteres trächtiges Tier darf die Jungtiere nicht von der Eihaut befreien, weil das Fressen sowohl der Eihaut als auch der Nachgeburt Wehen fördernd und damit bei den noch trächtigen und bei einer Geburt helfenden Weibchen zu einer Frühgeburt führen kann! 

Das Fressen der Eihaut und der Nachgeburt sorgt bei der Mutter dafür, dass eventuelle Reste der Nachgeburt einfacher gelöst und abgesondert werden können. Das vollständige Ablösen der Nachgeburt ist lebenswichtig, Komplikationen können hier schnell eine Operation notwendig machen.

Eine Toxikose ist beim Menschen als Schwangerschaftsvergiftung bekannt. Da ein trächtiges Tier nicht mitteilen kann, wenn es ihm schlecht geht, wird der Halter oft erst sehr spät anhand von täglicher genauer Gewichtskontrolle darauf aufmerksam, dass es Komplikationen gibt – zu einem Zeitpunkt, zu dem es fast schon zu spät ist, Mutter und Jungtiere zu retten.

Es ist sinnvoll, die Mutter in der achten Trächtigkeitswoche tierärztlich untersuchen und ggf. röntgen zu lassen, um sicher zu gehen, ob die Jungtiere mit ihrem Kopf durch den Geburtskanal passen. Insbesondere wenn nur ein oder zwei Junge erwartet werden oder falls das Weibchen schon älter als elf Monate ist. Im Zweifelsfall ist ein geplanter Kaiserschnitt mit Termin deutlich bezahlbarer als ein Notkaiserschnitt außerhalb der tierärztlichen Öffnungszeiten. Ganz abgesehen von der Verfügbarkeit eines Tierarztes sollte ein trächtiges Meerschweinchen niemals einer solchen Gefahr ausgesetzt werden. 

Es kann immer etwas schief gehen, bei jedem Muttertier jeden Alters. Komplikationen sind selbst bei erfahrenen Züchtern bei 5-10 % der Trächtigkeiten zu erwarten, dennoch steigt die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen bei nicht exakt bekannter Herkunft und nachvollziehbarem Stammbaum und bei unpassender Wahl des Muttertiers. 

Ist nur ein Wurf geplant, sind kaum Probleme zu erwarten: Nach gemeinsam verbrachten vier Wochen von Bock und Weibchen ist die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Befruchtung sehr groß. Gegebenenfalls kann der Tierarzt das Weibchen auf eine Trächtigkeit untersuchen, und den Bock kastrieren. Bis die Jungtiere geboren sind, ist er vermutlich nicht mehr zeugungsfähig, kann der Mutter bei Geburt und Jungenaufzug helfen und darf bei ihr bleiben.

Ist ein anderer Bock als Vater vorgesehen, gibt es bei vielen Züchtern die Möglichkeit, sich so lange einen Deckbock auszuleihen. Dieser muss unbedingt vom Muttertier getrennt werden, bevor die Geburt stattfindet: Meerschweinchen können schon wenige Stunden nach der Geburt wieder gedeckt werden. Diese Belastung ist körperlich extrem anstrengend und sollte unbedingt vermieden werden. 

Sollten mehrere Würfe geplant sein, wird neben einer Weibchengruppe auch eine Bockgruppe benötigt, in die der Vater nach vollbrachtem Deckakt ziehen kann. Diese Vorgehensweise erfordert sehr viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung, um eine solche Bockgruppe stabil zu halten, insbesondere weil es für einen Bock eine Art „Strafe“ darstellt, sein Weibchen wieder zu verlieren.

Es sollte unbedingt eine digitale Küchenwaage vorhanden sein, um das Muttertier während der Tragezeit zuerst zwei Mal wöchentlich, nach der sechsten Trächtigkeitswoche bis zwei Wochen nach der Geburt täglich zu wiegen. 

Unmittelbar nach der Geburt und danach täglich müssen auch die Jungen gewogen werden, damit männlicher Nachwuchs bei einem Gewicht von 250 g und somit beginnender Geschlechtsreife von allen Weibchen getrennt werden kann. 

Weibliche Jungtiere können und sollen bis mindestens zur zehnten Lebenswoche bei ihrer Mutter bleiben oder zu anderen erwachsenen Meerschweinchen vermittelt werden. Männliche Jungtiere sollten zur ausreichenden Sozialisierung in eine Bockgruppe oder zu einem erwachsenen Bock gesetzt werden bis sie zehn Wochen alt sind. Werden sie früher von allen erwachsenen Meerschweinchen getrennt, erlernen sie ihre Sprache nicht richtig und entwickeln oft Verhaltensstörungen.

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